Immer öfter sind insbesondere im innerstädtischen Bereich, von einem öffentlichen Leihsystem zur Verfügung gestellte E-Scooter als Fortbewegungsmittel im Einsatz. Hinlänglich bekannt dürfte sein, dass dies zahlreiche Probleme mit sich bringt, aber auch die Verletzungsgefahr sollte nicht unterschätzt werden. Nach einer deutschen Studie ist das Unfallrisiko pro gefahrenen Kilometer viermal so hoch wie mit dem Fahrrad. Da in der Regel keine Schutzausrüstung getragen wird, kommt es bei Stürzen nicht selten zu Schädel-Hirn-Traumata und anderen Verletzungen. Vor diesem Hintergrund ist ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH, 10 ObS 55/24x) ergangen, wonach bei einem Unfall mit einem E-Scooter grundsätzlich kein Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung besteht.
Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Am Morgen des 10.02.2023 fuhr der Kläger mit einem E-Scooter von seiner Wohnung zu seiner Dienststelle im Stadtgebiet von G. Er wollte seine Geschwindigkeit (von 22 km/h auf 20 km/h) reduzieren und betätigte den Bremshebel. Dabei kam es aufgrund der (im Vergleich zu einem üblichen Damen- oder Herrenfahrrad) nicht so stark ausgeprägten Stabilität des E-Scooter, seiner geringen Lenkerbreite, der kleineren Räder und des geringeren Nachlaufs zu einer leichten Verlagerung der Fahrlinie, die in Verbindung mit der feuchten Fahrbahn zum Wegrutschen des Vorderrades führte, wodurch der Kläger stürzte. Die beklagte Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten, Eisenbahnen und Bergbau hat diesen Unfall nicht als Dienstunfall anerkannt und eine Leistung aus der Beamten-Kranken-und Unfallversicherung abgelehnt.
Dazu führte der OGH aus, dass dem Versicherten zwar die Auswahl des Verkehrsmittels bzw. die Art der Fortbewegung auf dem Arbeitsweg grundsätzlich freisteht. Dennoch handelt es sich bei Wegunfällen um eine rechtlich nicht zwingend gebotene, aus sozialpolitischen Überlegungen vorgenommene Erweiterung des Versicherungsschutzes, obwohl dieser Bereich dem Einfluss des Dienstgebers weitgehend entzogen ist. Vor diesem Hintergrund sollen nur die typischen (allgemeinen) Weggefahren und Risiken versichert sein, nicht aber jegliche mit dem Weg in irgendeinem Zusammenhang stehende andere Ereignisse und Gefahren. In diesem Kontext ist wesentlich, ob es sich um ein allgemein übliches Verkehrsmittel handelt, bei dem ein sicheres Fahren gewährleistet ist. Die Grenze des Unfallversicherungsschutzes verläuft nicht zwischen Spiel- und Sportgeräten und Fahrzeugen im Sinne der StVO, sondern zwischen allgemein üblichen und anderen Verkehrs- bzw. Fortbewegungsmitteln. Der Gesetzgeber hat elektrisch betriebene Scooter als „Trendsportgeräte“ eingestuft, deren Benützung eine besondere Geschicklichkeit erfordert und die aufgrund ihrer technischen Eigenschaften (insbesondere im Zusammenhang mit Lenken und Bremsen) kein sicheres Fahren gewährleisten.

Das Fahren mit E-Scootern erfordert ein stetes aktives Ausbalancieren durch den Fahrer. Im Vergleich zu einem Fahrrad ist die Stabilität bei einem E-Scooter deutlich geringer ausgeprägt, das Vorderrad kann leichter wegrutschen, da aufgrund der kleinen Räder eine Selbststabilisierung nicht gegeben ist, sodass es leichter zu ungewollten Fahrlinienverlagerungen oder Auslenkbewegungen kommt. Obwohl E-Scooter im innerstädtischen (Nah-) Verkehr inzwischen öfters anzutreffen sind, ändert das nichts daran, dass sie der Gesetzgeber weder als allgemein übliches noch als sicher handhabendes Verkehrsmittel ansieht. Dass bei der Verwendung eines E-Scooters wegen seiner spezifischen Eigenschaften bzw. Bauart ein sicheres Fahren nicht garantiert ist und gerade die daraus resultierende besondere Gefahr und keine allgemeine Weggefahr zum Unfall im gegenständlichen Fall geführt hat, steht fest.
Unfälle auf zurückgelegten Arbeitswegen mit E-Scootern sind daher nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterstellt. Wenn hingegen ein Sturz mit E-Scooter auch bei Verwendung eines Fahrrades nicht hätte verhindert werden können, wäre die gesetzliche Unfallversicherung zur Leistung verpflichtet. In einem solchen Fall hätte sich eine typische Weggefahr verwirklicht, wobei dies allerdings der Versicherte zu beweisen hätte, was bei Unfällen ohne Fremdverschulden häufig schwerfallen wird.